Urteil vom 13.02.2025 -
BVerwG 2 C 1.24ECLI:DE:BVerwG:2025:130225U2C1.24.0
Leitsätze:
1. Ein Besoldungsanspruch ergibt sich auch dann unmittelbar aus dem Gesetz, wenn er nach Maßgabe eines Gesetzes zuerkannt wird, das zwar die Höhe des Anspruchs nicht betragsmäßig beziffert, dem sich aber Grund, Anspruchsvoraussetzungen und Bezugsgröße der Besoldungsleistung entnehmen lassen.
2. Der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung greift nicht schon dann ein, wenn sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz der konkrete Betrag der Besoldung ermitteln lässt, sondern erst dann, wenn für die geltend gemachte Höhe des beanspruchten Betrags der Besoldung eine normative Regelung erforderlich ist.
3. Gesetzgebungsverfahren zu Besoldungsleistungen, die nicht Bestandteil der verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation sind, unterliegen nicht den aus dem Alimentationsprinzip resultierenden prozeduralen Anforderungen.
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Rechtsquellen
BbgSZG 2007 - 2009 §§ 6, 7 VwGO § 144 Abs. 4 -
Instanzenzug
VG Frankfurt (Oder) - 03.03.2021 - AZ: 2 K 3405/17
OVG Berlin-Brandenburg - 30.08.2023 - AZ: 4 B 19/21
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 13.02.2025 - 2 C 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130225U2C1.24.0]
Urteil
BVerwG 2 C 1.24
- VG Frankfurt (Oder) - 03.03.2021 - AZ: 2 K 3405/17
- OVG Berlin-Brandenburg - 30.08.2023 - AZ: 4 B 19/21
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2025
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hissnauer
für Recht erkannt:
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. August 2023 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt die Aufstockung der Sonderzahlung für das Jahr 2008 um 372 €.
2 Die Klägerin steht als beamtete Lehrerin (Besoldungsgruppe A 13 BbgBesO) im Dienst des beklagten Landes. Für das streitgegenständliche Jahr 2008 sahen die landesgesetzlichen Bestimmungen die Gewährung einer Sonderzahlung für Beamte und Richter vor, die sich aus einem festen Grundbetrag in Höhe von 500 € und einem variablen Aufstockungsbetrag in Höhe von bis zu 540 € zusammensetzte.
3 Die Höhe des Aufstockungsbetrags setzte der Minister der Finanzen des beklagten Landes für das Jahr 2008 ausgehend von der Steuerschätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" im November 2008 und der nachfolgenden Regionalisierung der Schätzergebnisse für die Länder durch das Ministerium für Finanzen des Landes Baden-Württemberg auf Grundlage einer eigenen Prognose der zu erwartenden Steuermehreinnahmen des Landes Brandenburg auf 168 € fest. Aufgrund der hierbei vorgenommenen Zu- und Abschläge fiel die Höhe der zu erwartenden Steuermehreinnahmen im Vergleich zur Regionalisierung der Schätzergebnisse für die Länder um 82 Mio. € geringer aus.
4 Nach Bekanntmachung des Aufstockungsbetrags im Amtsblatt des Beklagten erhielt die Klägerin für das Jahr 2008 - nach vorangegangener Auszahlung des Grundbetrags - mit den Bezügen für Februar 2009 den Aufstockungsbetrag in Höhe von insgesamt 168 €. Der hiergegen im September 2011 erhobene Widerspruch, mit dem die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Aufstockungsbetrags in Höhe von weiteren 372 € und damit die Differenz zum gesetzlich festgelegten Höchstbetrag geltend machte, blieb ebenso ohne Erfolg wie das sich anschließende Klage- und Berufungsverfahren.
5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, weil seine Höhe unter Rückgriff auf die zu erwartenden Steuermehreinnahmen habe ermittelt werden müssen. Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergäben, bedürften einer vorherigen Geltendmachung. Hieran fehle es jedoch, weil die Klägerin ihren Anspruch nicht spätestens im Februar 2009 beim Dienstherrn angemeldet habe. Ungeachtet dessen sei die Festsetzung der Höhe des Aufstockungsbetrags sachgerecht und vertretbar.
6 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision. Sie trägt insbesondere vor, der geltend gemachte Anspruch beruhe auf einer gesetzlichen Regelung, sodass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht anwendbar sei. Berechnung und Festsetzung des Aufstockungsbetrags seien rechtswidrig. Das Gesetz sehe eine eigenständige Schätzung durch den Minister der Finanzen nicht vor. Maßgeblich sei allein das Ergebnis der Steuerschätzung bzw. dessen Regionalisierung.
7
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. August 2023 und des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder vom 3. März 2021 sowie den Widerspruchsbescheid der Zentralen Bezügestelle des Landes Brandenburg vom 10. Juli 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin einen weiteren Aufstockungsbetrag zur Sonderzahlung für das Jahr 2008 in Höhe von 372 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
9 Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und § 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei dem nach Maßgabe des § 7 des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2007 bis 2009 (BbgSZG 2007 - 2009) i. d. F. der Bekanntmachung vom 26. März 2007 (GVBl. I S. 70), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2007 bis 2009 vom 21. November 2007 (GVBl. I S. 158), gewährten Aufstockungsbetrag um einen Besoldungsbestandteil (vgl. § 85 BBesG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 BBesG a. F.) handelt, der sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (1.). Es hat infolgedessen unter Verletzung revisiblen Rechts den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung für anwendbar gehalten und ausgehend hiervon einen Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzahlung im Umfang von weiteren 372 € wegen verspäteter Geltendmachung verneint (2.). Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch unterliegt lediglich den Regelungen der Verjährung und kann weiterhin geltend gemacht werden (3.). Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber i. S. d. § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar. Ein Anspruch auf Zahlung des Aufstockungsbetrags steht der Klägerin nicht zu (4.).
10 1. Der von der Klägerin geltend gemachte (Besoldungs-)Anspruch auf jährliche Sonderzahlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
11 Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. § 2 Abs. 1 BbgBesG, § 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrags bedarf es daher nicht (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 26, vom 4. Mai 2017 - 2 C 60.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 3 Rn. 16 und vom 13. Oktober 2022 - 2 C 24.21 - Buchholz 232.0 § 88 BBG 2009 Nr. 8 Rn. 29). Besoldungsleistungen dürfen nur zugesprochen werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2014 - 2 C 2.13 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 13 Rn. 18 und vom 4. Mai 2017 - 2 C 60.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 3 Rn. 24). Eine Besoldungsleistung ist aber auch dann durch Gesetz geregelt, wenn es um Ansprüche geht, die nach Maßgabe eines Gesetzes zuerkannt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2017 - 2 C 60.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 3 Rn. 26).
12 Ein Besoldungsanspruch ergibt sich nicht erst dann "unmittelbar" aus dem Gesetz, wenn seine Höhe betragsmäßig beziffert wird (vgl. etwa Anlage 4 zu § 20 Abs. 2, § 29 Satz 1, § 38 Satz 2 BbgBesG; Anlage IV zu § 20 Abs. 2 Satz 2, § 32 Satz 2, § 37 Satz 2 BBesG). Vielmehr kann sich der Gesetzgeber auch anderer Regelungstechniken bedienen, sofern er einen gesetzlichen Rahmen schafft, der Anlass sowie Anspruchsvoraussetzungen und -höhe, mithin die "essentialia negotii" des Anspruchs, in bestimmbarer Weise festlegt und damit eine Bewilligung durch Verwaltungsentscheidung ermöglicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <299>; BVerwG, Urteil vom 21. September 2017 - 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 13). Dem steht der "Konkretisierungsbedarf" eines Besoldungsgesetzes nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 28.07 - juris Rn. 21).
13 Auch der streitgegenständliche Anspruch auf den Aufstockungsbetrag der Sonderzahlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, denn er ist in den §§ 1 ff. BbgSZG 2007 - 2009 geregelt. Unschädlich ist hierbei, dass sich die Höhe des Aufstockungsbetrags dem Gesetz - mit Ausnahme des Höchstbetrags - nicht zahlenmäßig exakt entnehmen lässt. Dies ist variablen Besoldungsbestandteilen vielmehr immanent (vgl. zu individuell auszuhandelnden Berufungsleistungsbezügen BVerwG, Urteile vom 21. September 2017 - 2 C 30.16 - BVerwGE 159, 375 Rn. 12 ff. und vom 22. Juni 2023 - 2 C 11.21 - BVerwGE 179, 186 Rn. 11).
14 Im Übrigen hat der Landesgesetzgeber in § 7 Abs. 1 BbgSZG 2007 - 2009 nicht nur die maximale Höhe des Aufstockungsbetrags auf 540 € festgesetzt, sondern in dessen Absatz 2 auch Vorgaben zur Ermittlung der konkreten Anspruchshöhe gemacht. Damit besteht dem Grunde und der Bezugsgröße nach der Anspruch auf Sonderzahlung unmittelbar von Gesetzes wegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1995 - 2 C 24.94 - BVerwGE 99, 355 <356 f.>). Die Gewährung der Sonderzahlung bedurfte überdies keines Antrags, sie erfolgte für die Dauer der zeitlichen Geltung des Gesetzes "automatisch".
15 2. Der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung ist auf gesetzlich geregelte Besoldungsansprüche nicht anwendbar.
16 Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, bedürfen der vorherigen Geltendmachung (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - BVerwGE 159, 245 Rn. 45, vom 21. Februar 2019 - 2 C 50.16 - Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 27 Rn. 33 und vom 13. Oktober 2022 - 2 C 24.21 - Buchholz 232.0 § 88 BBG 2009 Nr. 8 Rn. 30). In diesen Fällen trifft den Beamten aufgrund der beamtenrechtlichen Treuepflicht die Obliegenheit, seinen Dienstherrn alsbald mit der Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs zu konfrontieren. Damit soll dem Dienstherrn einerseits die Möglichkeit eröffnet werden, auf einen rechtswidrigen Zustand zu reagieren, andererseits wird hierdurch dem berechtigten Interesse des Dienstherrn Rechnung getragen, hinsichtlich möglicher finanzieller Ausgleichspflichten nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - BVerwGE 159, 245 Rn. 46, vom 17. Februar 2022 - 2 C 5.21 - Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 242 Rn. 24 und vom 13. Oktober 2022 - 2 C 24.21 - Buchholz 232.0 § 88 BBG 2009 Nr. 8 Rn. 30).
17 Die Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung erstreckt sich jedoch nur auf solche Ansprüche, die nicht durch bloße exekutive Rechtsanwendung entschieden werden können, sondern eine Klärung der normativen Grundlagen des Anspruchs voraussetzen und demzufolge eine vorgängige - originäre - Entscheidung des Gesetzgebers über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich machen (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 27, vom 4. Mai 2017 - 2 C 60.16 - Buchholz 240 § 53 BBesG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 13. Oktober 2022 - 2 C 24.21 - Buchholz 232.0 § 88 BBG 2009 Nr. 8 Rn. 30). Von der Rügeobliegenheit betroffen sind demzufolge nur solche Ansprüche, "die über die Besoldungsgesetze hinausgehen" (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 28.07 - juris Rn. 20). Anwendung findet der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung allein auf nicht unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitende Ansprüche der Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 2 C 12.16 - Buchholz 240 § 27 BBesG Nr. 8 Rn. 55).
18 Nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben sich demzufolge (gesetzlich nicht geregelte) Sekundäransprüche und (Primär-)Ansprüche jenseits besoldungsrechtlicher Regelungen. Die Klägerin macht aber gerade nicht geltend, ihr stünde ein Anspruch auf Gewährung eines Aufstockungsbetrags über den gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrag von 540 € zu. Sie begehrt vielmehr allein die Differenz zwischen diesem Höchstbetrag und dem bereits gewährten Aufstockungsbetrag in Höhe von 168 €.
19 3. Aufgrund der fehlenden Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung unterliegt der Anspruch auf Gewährung eines Aufstockungsbetrags im Umfang von weiteren 372 € allein der regulären Verjährung.
20 Eine Verjährung von Besoldungsansprüchen ist nicht ausgeschlossen. Fehlen - wie hier - besondere Verjährungsregelungen, unterliegen beamtenrechtliche Besoldungsansprüche grundsätzlich der Verjährung nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 A 3.17 - Buchholz 240 § 45 BBesG Nr. 4 Rn. 22; Beschluss vom 21. November 2019 - 2 B 23.19 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 14 Rn. 11). In Ermangelung einer speziellen Regelung ist im vorliegenden Fall die regelmäßige, dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB einschlägig. Nach § 199 Abs. 1 BGB (in der hier maßgeblichen Fassung vom 2. Januar 2002) beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem (Nr. 1) der Anspruch entstanden ist und (Nr. 2) der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
21 Es kann dahinstehen, ob Berechnung und Festsetzung der Höhe des Aufstockungsbetrags sowie dessen anschließende Bekanntmachung im Amtsblatt des Beklagten rechtlich lediglich als behördliche Verfahrenshandlung i. S. d. § 44a Satz 1 VwGO (so VG Cottbus, Urteil vom 28. Juni 2013 - 4 K 48/10 - juris Rn. 26) oder als Rechtsakt sui generis zu qualifizieren sind. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass der Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Sonderzahlung für das Jahr 2008 bereits im Jahr 2008 entstanden ist, wäre Verjährung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eingetreten. Die Klägerin hat jedoch schon im September 2011 Widerspruch erhoben und dadurch nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB die Hemmung der Verjährung bewirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 38).
22 4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber i. S. d. § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Berechnung und Festsetzung des Aufstockungsbetrags durch den Minister der Finanzen des Beklagten keinen rechtlichen Bedenken begegnen.
23 Die der Klägerin vom beklagten Land gewährte Sonderzahlung war im hier maßgeblichen Zeitraum Besoldungsbestandteil (vgl. § 85 BBesG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 BBesG a. F.), sie unterlag jedoch nicht den strengen Anforderungen, die den Gesetzgeber aufgrund der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation treffen (vgl. hierzu etwa BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 2 BvL 17/09 u. a. - BVerfGE 139, 64 Rn. 91 ff.; Beschluss vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 - BVerfGE 155, 1 Rn. 21 ff.).
24 Das Sonderzahlungsgesetz des Landes Brandenburg ist im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 - BBVAnpG 2003/2004) i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798) zu sehen, mit dem das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3642), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 16. Februar 2002 (BGBl. I S. 686), und das Urlaubsgeldgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. Mai 2002 (BGBl. I S. 1780) aufgehoben, gleichzeitig jedoch deren Fortgeltung bis zum Inkrafttreten bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen angeordnet wurde (vgl. Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. Art. 13 Nr. 7 BBVAnpG 2003/2004; s. auch LT-Drs. 4/1911 S. 5).
25 Die ursprünglich als sog. "Weihnachtsgeld" firmierende Sonderzuwendung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 u. a. - BVerfGE 140, 240 Rn. 5; BT-Drs. 15/1186 S. 64) ist indes "keinesfalls" Bestandteil der verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation, sondern stellt ein "Mehr" zum verfassungsrechtlich Gebotenen dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 1967 - 2 BvR 668/67 - JZ 1968, 61). Sie kann folglich jederzeit für die Zukunft gemindert oder zur Gänze gestrichen werden, soweit sich die Bezüge in ihrer Gesamthöhe noch als amtsangemessen darstellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. November 1967 - 2 BvR 668/67 - JZ 1968, 61 f. und vom 17. Januar 2012 - 2 BvL 4/09 - BVerfGE 130, 52 <66 f.>; s. a. BVerfG, Beschluss vom 28. September 2007 - 2 BvL 5/05 u. a. - juris Rn. 19; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 C 23.07 - Buchholz 11 Art. 57 GG Nr. 1 Rn. 35). Die Gewährung einer Sonderzuwendung steht daher grundsätzlich zur freien Disposition des Normgebers (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 C 23.07 - Buchholz 11 Art. 57 GG Nr. 1 Rn. 39; s. a. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u. a. - BVerfGE 44, 249 <263> in Bezug auf das "13. Monatsgehalt") und muss die aus dem Alimentationsprinzip resultierenden prozeduralen Anforderungen an die Besoldungsgesetzgebung nicht erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2019 - 2 C 18.18 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 153 Rn. 22 f.; Beschluss vom 17. Dezember 2024 - 2 B 28.24 - juris Rn. 9 f.).
26 Nichts anderes gilt für die hierauf aufbauenden Regelungen des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2007 bis 2009 (zumal auch hier der "Bezug zum Weihnachtsfest" betont wird - vgl. LT-Drs. 4/4242 Anlage S. 9). Steht aber die Gewährung einer Sonderzahlung zur freien Disposition des Normgebers, betrifft dies nicht nur das "Ob", sondern auch das einen weiten Gestaltungsspielraum in sich tragende "Wie" der Gewährung.
27 Ausgehend hiervon sind die auf Basis der Regelungen des Brandenburgischen Sonderzahlungsgesetzes für die Jahre 2007 bis 2009 erfolgte Berechnung und Festsetzung des Aufstockungsbetrags durch den Minister der Finanzen des beklagten Landes nicht zu beanstanden.
28 Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgSZG 2007 - 2009 besteht die u. a. den Beamten des Landes (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BbgSZG 2007 - 2009) jährlich gewährte Sonderzahlung aus einem Grundbetrag und einem Aufstockungsbetrag. Während sich die Höhe des Grundbetrags für Beamte auf gesetzlich festgeschriebene 500 € beläuft (vgl. § 6 Halbs. 1 BbgSZG 2007 - 2009), sieht § 7 Abs. 1 Halbs. 1 BbgSZG 2007 - 2009 vor, dass der Aufstockungsbetrag bis zu 540 € beträgt. Die Berechnung des Aufstockungsbetrags ist nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 BbgSZG 2007 - 2009 vorzunehmen, wonach die Höhe des Gesamtbetrags für die Aufstockung bei den Beamten in einem Kalenderjahr 24 vom Hundert der zu erwartenden Steuermehreinnahmen des Landes gegenüber den im Haushaltsplan veranschlagten Steuereinnahmen beträgt. Nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesbegründung Ausdruck gefunden hat, ist Orientierungsgröße bei der Ermittlung der Höhe des Aufstockungsbetrags der Soll-Ist-Vergleich nach dem Ergebnis der November Steuerschätzung (LT-Drs. 4/4242 Anlage S. 8). Nach § 7 Abs. 3 BbgSZG 2007 - 2009 setzt das für Finanzen zuständige Mitglied der Landesregierung jeweils bis zum 15. November des Jahres die Höhe des Gesamtbetrages für die Aufstockung sowie die Aufstockungsbeträge nach Absatz 1 fest und macht sie im Amtsblatt für Brandenburg bekannt. Ergänzend hierzu bestimmt § 8 Abs. 1 BbgSZG 2007 - 2009, dass für die Gewährung und Bemessung der Sonderzahlung vorbehaltlich anderer Regelungen in diesem Gesetz die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgebend sind.
29 Die Ermittlung der Höhe des Gesamtbetrags für die Aufstockung unter Rückgriff auf die "zu erwartenden Steuermehreinnahmen" beinhaltet ein nur der prognostischen Bewertung zugängliches Element, weil eine zukünftige Entwicklung abzuschätzen ist. In dieser Situation ist der Minister der Finanzen - wie vom Berufungsgericht zutreffend festgestellt (UA S. 15) – allgemeinen Verwaltungsregeln und Verwaltungsgrundsätzen unterworfen. Da die zu erwartenden Steuermehreinnahmen nach § 7 Abs. 2 BbgSZG 2007 - 2009 zu den im Haushaltsplan veranschlagten Steuereinnahmen in Beziehung zu setzen sind, bedeutet dies, dass auch bei der prognostischen Ermittlung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen dieselben Maßstäbe anzulegen sind. Demnach ist im Rahmen der anzustellenden Prognose dem Grundsatz der Haushaltswahrheit Rechnung zu tragen, aus dem vor allem die Pflicht zur Schätzgenauigkeit folgt.
30 Das Gebot der Schätzgenauigkeit verlangt ein angemessenes Bemühen um realitätsnahe Prognosen, begründet aber keine Pflicht zur genauestmöglichen Vorhersage. Entscheidend ist, dass die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wird, der zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt wird und das Ergebnis nachvollziehbar ist. Unzulässig sind bewusst falsche Etatansätze, aber auch "gegriffene" Ansätze, die trotz naheliegender Möglichkeiten besserer Informationsgewinnung ein angemessenes Bemühen um realitätsnahe Prognosen zu erwartender Einnahmen oder Ausgaben vermissen lassen. Wie andere Prognosen sind auch die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen nicht schon dann als Verstoß gegen das Wahrheitsgebot zu bewerten, wenn sie sich im Nachhinein als falsch erweisen. Sie müssen stets nur aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen. Was dabei als vertretbar zu gelten hat, kann nur aufgrund einer Gesamtbewertung der konkreten Entscheidungssituation unter Berücksichtigung des betroffenen Sach- und Regelungsbereichs, der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung und deren Folgen sowie der verfügbaren Tatsachengrundlagen für die Prognose bestimmt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 - BVerfGE 119, 96 <129 f.> Rn. 104; BVerwG, Urteil vom 27. März 2024 - 8 C 5.23 - NVwZ 2024, 1590 Rn. 18; VGH München, Beschluss vom 2. Dezember 2024 - 21 ZB 23.16 4 - juris Rn. 16). Bei der Ermittlung der Höhe des Gesamtbetrags für die Aufstockung gemäß § 7 BbgSZG 2007 - 2009 ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz keine besonderen Verfahrens-, Anhörungs- oder Begründungspflichten vorsieht.
31 Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurden und daher für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO), hat der Minister der Finanzen des beklagten Landes bei der Berechnung der Höhe des Aufstockungsbetrags die Steuerschätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" und die hieran anknüpfende Regionalisierung der Steuerschätzung durch das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg zum Ausgangspunkt seiner Berechnung gemacht. Gegenüber der Regionalisierung hat er Abweichungen bei der Lohn-, der Umsatz- und der Grunderwerbsteuer vorgenommen. Hierdurch reduzierte sich das Ergebnis der Steuerschätzung gegenüber der Regionalisierung um insgesamt 82 Mio. €. Dem lag eine Erhöhung der prognostisch zu erwartenden Steuermehreinnahmen bei der Lohnsteuer im Umfang von 35 Mio. € zugrunde, bei der Umsatzsteuer hingegen eine Absenkung um 111,6 Mio. €. Ursächlich hierfür war, dass das monatliche örtliche Umsatzsteueraufkommen in den Vorjahren seit 2002 (mit Ausnahme des Jahres 2004) im November und Dezember in der Regel nicht höher war als im Oktober. Zudem hat der Minister der Finanzen zugrunde gelegt, dass die Steigerungsraten des Umsatzsteueraufkommens gegenüber dem Vorjahr seit August 2008 stark rückläufig und seit September 2008 sogar negativ waren. Da das Umsatzsteueraufkommen im Oktober 2008 nur bei 205,6 Mio. € lag, wurde die Prognose von jeweils 209,4 Mio. € für die Monate November und Dezember zudem als (zu) optimistisch bewertet. Bei der Grunderwerbsteuer wurde ein Abschlag von 5,4 Mio. € gegenüber der Regionalisierung vorgenommen, weil das Aufkommen von Januar bis Oktober um rund 33 % unter dem Vorjahresergebnis lag und sich dies in der Regionalisierung nicht widerspiegelte.
32 Dies zugrunde gelegt begegnet insbesondere die Abweichung bei den zu erwartenden Umsatzsteuereinnahmen keinen rechtlichen Bedenken, weil sich aufgrund der Entwicklung in den Monaten November und Dezember eines Jahres die Reduzierung des Umsatzsteueraufkommens mit Ausnahme des Jahres 2004 in den vorgenannten Zeitabschnitten nachvollziehen lässt. Diese Herangehensweise ist auch bei der Lohnsteuer in Ansatz gebracht worden, was letztlich zu einer Erhöhung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen aus dieser Steuerart geführt hat. Auch dass das Aufkommen an Grunderwerbsteuer in den Monaten Januar bis Oktober 2008 um 33 % unter dem Vorjahresergebnis 2007 lag und dies im Regionalisierungsergebnis nicht berücksichtigt war, hat die Klägerin nicht infrage gestellt. Ausgehend hiervon ist aber ebenfalls nicht zu beanstanden, dass der Minister der Finanzen auf dieser Datenlage eine Reduzierung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen vorgenommen hat.
33 Ein Verstoß gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit lässt sich diesem Vorgehen auch im Übrigen nicht entnehmen. Vielmehr entsprach es der Verwaltungspraxis des Beklagten, die Höhe des Aufstockungsbetrags ausgehend von der Steuerschätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" und der nachfolgenden Regionalisierung der Schätzergebnisse zu bestimmen. Es stellt auch keinen methodischen Bruch dar, das Ergebnis der Schätzungen nicht als verbindliche Rechen-, sondern lediglich als "Orientierungsgröße" (vgl. LT-Drs. 4/4242 Anlage S. 8) zu verstehen, weil es die Vorgehensweise im Haushaltsaufstellungsverfahren nachvollzieht und hierdurch gewährleistet, dass die Berechnung der zu erwartenden Steuermehreinnahmen und die der im Haushaltsplan veranschlagten Steuereinnahmen auf einer kongruenten rechnerisch-prognostischen Grundlage erfolgt. Das Vorgehen trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass die Steuerschätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" und die nachfolgende Regionalisierung des Schätzergebnisses absehbare Sonderentwicklungen wie etwa bei den Steuern oder der Wirtschaftsentwicklung des jeweiligen Landes, aber auch die Berücksichtigung von geplanten Steuerrechtsänderungen nicht abbilden. Hinzu kommt, dass eine schematische Übernahme der vom Ministerium für Finanzen des Landes Baden-Württemberg vorgenommenen Regionalisierung der Schätzergebnisse für die Länder sich mit der Finanzhoheit des Beklagten (Art. 109 GG) schwerlich vereinbaren ließe (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 26. November 2020 - 2 K 5271/17 - n. v. UA S. 12).
34 In Anbetracht dessen überzeugt der Einwand der Klägerin nicht, wonach der Minister der Finanzen des beklagten Landes keine Korrekturen am Regionalisierungsergebnis habe vornehmen dürfen. Soweit die Klägerin darüber hinaus einzelne Aspekte der Berechnung angreift und etwa der Auffassung ist, das im September 2008 gegenüber dem Vormonat nur wenig verringerte Umsatzsteueraufkommen rechtfertige die Korrektur der Schätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" nicht, wird hierdurch das Bemühen um eine realitätsnahe Prognose, für die der Minister der Finanzen auf einen längeren Zeitraum abgestellt hat, nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Insoweit verkennt die Klägerin, dass die Prognose nicht bereits dann gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit verstößt, wenn ein vertretbarer Ansatz durch einen anderen vertretbaren Ansatz ersetzt werden kann.
35 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.